Gespaltenes Land?

Kürzlich las ich zwei Thesen über die Unterschiede zwischen Ost- und West-Deutschland in Zeiten von Covid-19: Laut der einen vermuten Experten, dass die Ostdeutschen sich besser an die derzeitigen Beschränkungen anpassten, weil sie staatliche Eingriffe aus der Vergangenheit eher gewohnt seien. Andere Experten meinten festzustellen, die Ostdeutschen reagierten besonders aufmüpfig auf die Begrenzungen, weil sie sich nach 40 Jahren DDR jetzt gar nichts mehr vom Staat vorschreiben ließen.

Ich halte beides für die zu einfache Erklärung, die nur selten stimmt. Es gibt in Ost und West beide Typen Mensch, wenn ich das mal so sagen darf; und es hilft nicht, unser Land schon wieder (oder immer noch) nach Ost und West zu unterteilen. Es reicht schon, dass Menschen sich vielleicht insgeheim über die Bundesbürger ärgern, die durch ihre Winterferien-Reiselust das Corona-Virus eingeschleppt haben. Oder über diejenigen, die noch immer entspannt und ohne Mundschutz zum Einkaufen fahren. Oder die Krisenverlierer neiden den Krisengewinnern ihre privilegierte Situation… Solche Dinge machen an der ehemaligen Ost-West-Grenze nicht halt und haben mit den in 40 Jahren gewachsenen und seit 30 Jahren noch immer durchscheinenden Unterschieden wenig bis gar nichts zu tun.