Es gibt böse Menschen, die behaupten, dieses Wort gebe es gar nicht – kurznervig. Deutschlehrer sind das, Kollegen meines Mannes, die kennen das Wort nicht – weil es nicht im Duden steht. Stimmt ja auch, es steht so nicht im Duden. Da gibt es nur solche Worte wie „dünnhäutig“, „zartbesaitet“, „hochempfindlich“ oder „kurzatmig“, aber die treffen es nicht. Kurznervig trifft es am besten: Ich gerate nicht außer Atem, meine Haut bricht nicht auf, und in mir reißt auch keine Saite. Nein, es sind meine Nerven die kurz vor dem Ende ihrer Belastbarkeit stehen, wenn jemand oder etwas darauf herumtrampelt.
Dieser Zustand ist nicht schön – weder für mich noch für meine Mitmenschen. Einzige Abhilfe: Distanz. Ich brauche dann Abstand. Körperlich ist schon gut – rausgehen, spazieren oder in ein anderes Zimmer. Noch besser ist, wenn sich meine Nerven distanzieren können. Wie geht das? Den Nerven eine laute Stimme geben ist nicht immer die beste Methode. Besser für mich ist – Sport. Mich so anstrengen, dass ich nicht mehr denken kann (oder will). Den Körper so beschäftigen, dass der Geist die Wut sausen lässt. Holzhacken würde sicherlich auch gehen. Oder Umgraben. Das dehnt, relativiert, beansprucht, bringt in die richtige Perspektive. Hinterher bin nicht mehr kurznervig, sondern – entspannt, elastisch, ausgeglichen. Langnervig gibt’s nämlich nicht, steht ja auch gar nicht im Duden.