Gleichgesinnte

Auf dem Bauernhof meiner Freundin hole ich Heu. Es duftet herrlich nach Sommer und ist mit dem Gestrüpp aus dem Tierfutter-Laden nicht zu vergleichen. (Ob die Kaninchen meiner Tochter das würdigen können, weiß ich nicht – sie kennen nur diese 1a-Variante.) Normalerweise komme ich auch ohne Heu-Wunsch regelmäßig hier vorbei; aber durch das Home Schooling gehe ich zu anderen Zeiten spazieren. „Ich habe dich schon vermisst“, ruft meine Freundin mir deshalb zu. Als Bäuerin ist sie oft nur „auf ihrer Scholle“ unterwegs und bekommt wenig Besuch. Das ist normal und stört sie nicht weiter. Was sie trotzdem manchmal vermisst, ist das Gespräch „zwischendurch“ mit einer Gleichgesinnten.

Wir beide leben sehr verschieden – und doch „ticken“ wir ähnlich: Es hilft, dass wir beide aus dem Osten kommen und eine Affinität zur Landwirtschaft haben – aber das ist nicht alles. Wir denken und bewerten das Leben ähnlich. Beide sind wir pragmatisch und vertrauen unserem eigenen Gespür – manchmal mehr als den Fakten. Es kommt uns mehr auf den Inhalt an als auf die Verpackung: Lebenstauglich, ehrlich, verlässlich und zufrieden rangieren weit vor einem super Schulabschluss oder einem wohlklingenden Titel. Angst halten wir beide nicht für einen guten Ratgeber, auch nicht momentan. Stattdessen vertrauen wir unserer Lebenserfahrung und Intuition – und erlauben uns eine gesunde Skepsis.

Und deswegen tut es uns beiden gut, ab und an zwischen Hoftor und Stall miteinander zu reden – und zu merken: Wir sind Gleichgesinnte.