Genug oder nicht?

Wenn wir nicht begabt, schlau, gewieft, entschlossen, mutig oder stark genug sind, ist es hilfreich, an eine Geschichte aus der Bibel zu denken. 5.000 Menschen hatten sich damals versammelt und hörten Jesus zu – bis es Zeit fürs Abendbrot war. Die Jünger sollten ihnen zu essen geben, meinte Jesus. Aber sie hätten doch `hier nichts als fünf Brote und zwei Fische´, erwiderten die Jünger – aus ihrer Sicht und auch ganz offensichtlich nicht genug, um so viele Menschen satt zu machen. Da ließ Jesus sich geben, was sie hatten, „sah zum Himmel, dankte und brach´s und gab die Brote den Jüngern, und die Jünger gaben sie dem Volk. Und sie aßen alle und wurden satt und sammelten auf, was an Brocken übrigblieb, zwölf Körbe voll“ (Matthäus 14, 19b+20).

Bei einer anderen Gelegenheit verwandelt er Wasser in Wein. Jesus nimmt das, was nicht reicht, und macht daraus genug – auf buchstäblich wunderbare Weise. Es genügt, dass wir ihm das Bisschen geben, was wir haben, und nicht selbst versuchen, damit auszukommen.

Absolut gering, relativ enorm

„Sie wird nicht darben müssen“, bemerkt mein Mann. Wir sprechen kurz über eine bekannte Schauspielerin, die sich gerade von ihrem (sehr vermögenden) Ehemann trennt. „Wir müssen auch nicht darben“, sage ich, „… allerdings auf einem anderen Niveau.“ Ebenso wie Milliardäre haben wir (mehr als) genug zum Leben: Insofern sind wir ihnen relativ ähnlich, auch wenn absolut gesehen Welten zwischen uns liegen. Wer dagegen nicht genug hat, spielt absolut vielleicht fast `in meiner Liga´, relativ ist der Unterschied zwischen uns aber enorm: Dem einen reicht´s zum Leben, dem anderen eben nicht.

Inflation

Das Geld ist von Tag zu Tag weniger wert – ich merke es bei jedem Einkauf. Eine Freundin meint dazu, jetzt komme dem Geld endlich der Stellenwert zu, den es hat: Es gibt nur vermeintlich Sicherheit und macht auf jeden Fall nicht glücklich. Den Armen in unserem Land fallen (nicht nur Extra-)Ausgaben noch schwerer; die Reichen werden täglich sehr viel ärmer – und versuchen vielleicht, zu retten, was zu retten ist. Für diejenigen, die weder arm noch reich sind, ist `genug´ mittlerweile deutlich weniger, als sie noch vor einer Weile dachten. Hoffentlich macht uns das vor allem dankbar und großzügig denen gegenüber, bei denen es `hinten und vorne´ nicht reicht. 

Genug

„Jesus, du allein bist genug, du bist alles für mich“, heißt es in einem Lied. Ich singe es gern – obwohl es nicht ganz wahr ist: An so viel anderem hängt mein Herz (auch):

Ich genieße die ehrlichen und liebevollen Beziehungen zu meinen Liebsten.
Es ist großartig, gesund zu sein: Ich ahne nur, wie eine ernsthafte Erkrankung mich physisch und psychisch herausfordern würde.
Theoretisch weiß ich, dass Wohlstand nicht alles ist. Praktisch wäre finanzielle Unsicherheit mindestens herausfordernd für meine alltägliche Zufriedenheit.
Ich lebe in Frieden und relativer Freiheit – besondere Umstände, die ich nicht missen möchte.

All das ist wunderbar, sehr vergänglich – und doch nicht genug. Wirklichen Halt in den Höhen und Tiefen des Lebens finde ich nur bei Jesus: „Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“ (Johannes 14, 27)

Genug Mut?

Grundsätzlich hätte ich gern mehr Mut.
In manchen Situationen fehlt mir eher Lang-Mut.
Gut gebrauchen könnte ich Sanft-Mut – anderen und mir selbst gegenüber.
Es mangelt mir an De-Mut, aber ich bin stolz auf das, was da ist.
Nur Hoch-Mut habe ich mehr als ausreichend.
Oh je!

PS: Den Über-Mut meines Sohnes bewundere und fürchte ich zugleich.

Genug

„Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, damit die Kraft Christi bei mir wohne.“
1. Korinther 12, 9

Manchmal habe ich den Eindruck, ich genüge nicht. Vor allem wenn ich mich vergleiche, bekomme ich leicht den Eindruck, nicht gut genug zu sein, nicht entschieden genug, nicht konsequent oder stark genug, nicht freundlich oder zugewandt genug. Wahrscheinlich ist der Anspruch, dem ich in solchen Momenten hinterherjage, absolut hausgemacht – letztlich darf niemand über mir aussprechen, dass ich nicht „genüge“.

„Es ist genug“, sagen wir, wenn wir nicht mehr hören, essen oder diskutieren wollen, wenn wir fertig sind mit einer Aufgabe und nicht weiter daran arbeiten wollen. Mehr muss nicht sein, mehr muss nicht gesagt oder gemacht werden. Es geht (immer noch) mehr, aber: Es ist schon ganz gut so, wie es ist.

„Lass dir an meiner Gnade genügen“, das ist nicht „schon ganz gut so“, das ist viel besser. Wir verstehen es nur nicht so leicht; wir brauchen ein Leben lang, um zu lernen, dass wir Gottes Gnade nichts hinzufügen müssen oder können: Sie ist mehr als genug.