Wie sehe ich aus?

Zum Mittagessen brate ich Zucchinipuffer, ein Essen, das alle mögen, aber mich für eine Weile an den Herd bindet. 13.42 Uhr – ein Geistesblitz: Um 13.45 Uhr habe ich einen Termin in der Grundschule! Ha, Schreck, was tun? Grundstimmung: Schuldgefühle und Hektik, Tunnelblick. Ich rufe an. „Kommen Sie doch noch vorbei, wir schieben Sie dann dazwischen.“ Ich schalte in Erledigungsmodus:

In großer Eile werfe ich mir etwas über, ziehe die Schuhe an, die im Flur stehen, und rase mit dem Rad in die Schule. Ich komme zu spät, klar, sie schieben mich dazwischen. Zwanzig Minuten später stehe ich wieder auf der Straße. Weil ich schon mal in der Stadt bin, gehe ich noch zu Rossmann. Aus dem Augenwinkel sehe ich eine entfernte Bekannte, die sehr auf sich achtet. Wir kennen uns nicht (mehr) gut; ich habe sie früher immer eher als bewertend empfunden. Plötzlich sehe ich mich wie in einem Spiegel: Wanderschuhe mit den Spuren der Feldmark, Hose – genauso, mein geliebter Mantel, den mein Mann eher als Kutte bezeichnet und nur noch für Garteneinsätze geeignet hält. Ich gehe der Bekannten nicht aus dem Weg, bin aber froh, dass sie sich in den Untiefen von Rossmann verliert, während ich schon zahle und den Heimweg antrete.

Zu Hause denke ich der Situation hinterher. Etwas hat mich für einen Moment aus meiner grundsätzlichen „Ich fühl mich wohl in meiner Haut“-Stimmung geworfen. Wieso war es mir plötzlich so bewusst, wie ich aussehe? Wie wäre es mir in der Begegnung mit jemandem gegangen, der auf sich achtet, mich aber gut kennt und mir grundsätzlich wohlgesonnen ist?

Es ist nicht wirklich wichtig, aber es ist mir trotzdem nicht unwichtig, welchen Eindruck ich hinterlasse. Da gibt es ganz allgemeine Konventionen, denen ich mich – meist unbewusst – automatisch beuge: Ich gehe beispielsweise nicht im Schlafanzug zum Einkaufen. Darüber hinaus existiert ein komplexes Geflecht aus Prägung, Selbstwahrnehmung und Selbstbewusstsein, das darüber bestimmt, wie ich mich der Welt aussetze. Es ist mir nur in klar definierten Grenzen egal, wie ich auftrete und was andere von mir denken – ich bin mir dieser Grenzen nur oft nicht bewusst.