Zufrieden und anstrengend

Alles, was mich wirklich zufriedenstellt, beansprucht mich auch. Für mich sind das unter anderem: Gartenarbeit, eine Laufrunde, Zeit mit den Kindern, an Texten arbeiten, eine Rede vorbereiten – und halten, Menschen wirklich zuhören, manchmal auch eine Streich- oder Putzaktion … Dabei muss mein Tun nicht zu einem perfekten Ergebnis führen: Ich bin auch mit „gut bis sehr gut“ zufrieden, wenn ich mich bemüht habe.

Es kann aber passieren, dass alle Anstrengung mich nicht zufriedenstellt. Wenn ich etwas nicht kann, lasse ich – wenn möglich – lieber die Finger davon: Mit einem renovierten Zimmer bin ich eher zufrieden, wenn jemand sich darum bemüht, der tapezieren kann. 

So lustig

Himmlische Torte verdankt ihren Namen der leckeren Kombination aus einem einfachen Nussboden, Kirschen, geschlagener Sahne und geriebener Schokolade. Diese Torte geht vergleichsweise schnell – nicht nötig sind lästiges Herumhantieren mit Gelatine oder langes Kühlen. Am längsten dauert es, die Schokolade mit der Hand zu reiben. Meine Tochter schaut mir dabei zu und bemitleidet mich: Sie hat es auch schon einmal gemacht. „Das ist so anstrengend, und man kann sich so leicht an der Reibe verletzen“, sagt sie.

Stimmt, denke ich, ist mir auch schon passiert. Käse reiben ist noch anstrengender und dauert länger – wenn man ein Pfund braucht für ein Mal Nudeln mit Tomatensauce. Wäschekörbe wiegen vor dem Aufhängen mehr als danach; und mir wird warm, wenn ich Betten ab- und neu beziehe. Fußböden wischen, Teppiche saugen, Lebensmittel besorgen, im Haus verteilen und irgendwann zu Mahlzeiten verarbeiten – macht alles Arbeit. Diese ist zwar nicht unbedingt schweißtreibend, aber doch anstrengend. Selbst in einer Himmlischen Torte steckt irdisches Tun. Es ist so lustig, wenn die Kinder das merken.

Anstrengend oder nur unbequem?

„Solche anstrengenden Gedanken machst du dir?“, fragt mich eine Freundin, als ich etwas zu meiner Entscheidung sagte, kurze Wege grundsätzlich nicht mit dem Auto zurückzulegen. (Sehr seltene Ausnahmen setzen diesen Grundsatz nicht außer Kraft; ich versuche, nicht dogmatisch zu sein.) Anstrengend? Ich empfinde das nicht als anstrengend, sondern eher als geboten. Ich kann, darf und muss mir meiner Meinung nach Gedanken machen, wie ich mich verhalte. Nicht dogmatisch, nicht so, dass ich einmal getroffenen Entscheidungen alles unterordne (ohne Rücksicht auf Verluste), aber doch häufiger als „wenn´s gerade passt“. Wir können es uns nicht mehr leisten, vor allem bequem zu sein – wahrscheinlich konnten wir es nie. Und wir sollten das Bequeme unseres Lebensstils wahrnehmen.

Die Jugendlichen heutzutage mögen mit ihren „Fridays for Future“-Aktionen teilweise zu radikal oder zu inkonsequent sein; aber wir „Alten“ können nicht so tun, als ginge uns das vor lauter erprobter Lebenserfahrung gar nichts mehr an! Sicherlich hat jeder eine andere Einstellung zur Umwelt und zu dem, welches Verhalten mit dem eigenen Gewissen vereinbar ist und was nicht. Ignorant einfach so weiter zu machen wie „schon immer“, ist meiner Meinung nach keine Lösung. Es kostet, die Umwelt zu bewahren – oft Geld, manchmal auch Zeit, Kraft und Bequemlichkeit. Darüber nachzudenken, was es mich persönlich kosten darf, ist vielleicht anstrengend, mit Sicherheit aber notwendig.

Ganz bei mir

„Wie geht es dir?“, fragt mich eine Freundin. Es ist nicht oberflächlich gemeint: Sie will wirklich wissen, wie es Dagmar geht – body, mind and soul. „Gerade nicht so toll“, ist meine ehrliche Antwort. Ich erzähle ihr, was gerade los ist, womit ich mich beschäftige, und fasse zusammen: „Es ist jedenfalls ziemlich anstrengend.“ Sie nickt: „Das glaube ich, aber du bist ganz bei dir.“

Die Worte von Eugene H. Peterson fallen mir ein, einige Zeit, bevor er gestorben ist: „I have no regrets. I´ve been able to live my life feeling like Eugene, not somebody else.“ Kein Wort darüber, ob es anstrengend war oder nicht. Nur: „I have no regrets.“ Ich bin nicht sicher, ob man etwas Besseres über das eigene Leben sagen kann: „Ich bedauere nichts.“