Ohne Bühne oder Amt

Wenn ich auf der Bühne stehe oder ein Amt inne habe, hören mich viele – und meine Worte haben viel Gewicht. Entsprechend geht mit einer Bühne oder einem Amt eine gewisse Verantwortung einher: Ich muss mir gut überlegen, was ich sage.

Das gilt insbesondere für Politiker, finde ich. Natürlich dürfen sie sagen, was sie denken – wir leben in einer Demokratie. Aber sie sollten berücksichtigen, dass ihre Worte viel Macht haben, und darum ausgewogen und bedacht formulieren. 

„Bundesgesundheitsminister Jens Spahn warnt vor einer 800er Inzidenz im Herbst“ steht in der Zeitung. Das werde passieren, sagt er, wenn sich bis September die Inzidenz weiter alle zwölf Tage verdoppelt. Natürlich kann niemand das so genau wissen, auch Jens Spahn nicht – obwohl ihm sicherlich viel mehr Daten zur Verfügung stehen (und die Zeit, diese auszuwerten) als mir. Eine so hohe Inzidenz ist nur eine Prognose. Noch dazu sagt sie nicht viel aus über die Hospitalisierung in unserem Land. Es wäre gut, beide Aspekte zusammen zu betrachten, um die Lage zu beurteilen. Zudem werden – so wird es seit Monaten propagiert – Geimpfte und Genesene nur mild erkranken: Eine Überlastung unserer Krankenhäuser ist daher auch bei hoher Inzidenz nicht zu erwarten. Spätestens nach diesen Überlegungen muss sich Jens Spahn fragen, was er mit seiner Aussage bezweckt, und antizipieren, welche Folgen sie haben kann.

Menschen, die nach Monaten dieser und ähnlicher Nachrichten ohnehin schon Angst haben, werden verunsichert und sehnen sich nach Halt. Andere Bürger sind von Corona genervt und wünschen sich ein Ende der Maßnahmen. Die Lösung für beide liefert Jens Spahn gleich mit: Die einzige Alternative sei eine Impfung, sagt er – wie viele anderen Politiker auch. Natürlich distanzieren sich alle von einer `offiziellen´ Impfpflicht, machen aber gleichzeitig von einer hohen Impfquote den Rückgang zur Normalität abhängig: In derselben Zeitung lese ich zwei Tage später, dass sich eine Quarantäne nur durch eine Impfung verhindern lasse – und nicht Geimpfte riskieren, ihren Urlaub absagen zu müssen. Das gelte jedoch nur für die Delta-Variante, bei der Gamma-Variante müssten auch Geimpfte in Quarantäne. Eine demokratisch garantierte Entscheidungsfreiheit hört sich anders an.

Aufgrund von Veranstaltungen mit einer positiv getesteten Person sind in unserer Gegend derzeit hunderte gesunde junge Menschen in Quarantäne. Sie selbst sind unbestritten nicht stark gefährdet, schwer an Covid-19 zu erkranken. Sehr wahrscheinlich hätten sie einen milden Verlauf – und würden im Anschluss als Genesene gelten. Inwiefern diese jungen Leute Covid-19 übertragen würden, wissen wir nicht – ebensowenig wie bei denen, die trotz einer Impfung ein zweites Mal erkranken. Warum also ist nur die Impfung ein probates Mittel für die Herdenimmunität, nach der wir streben? DAS lese ich nicht in der Zeitung, das frage ich mich.

Ich fühle mich durch viele Politiker und die meisten großen Medien in diesem Land tendenziös informiert, zu einer bestimmten Handlungsweise manipuliert, in meiner Freiheit beschnitten und hinsichtlich einer eigenen Meinung entmündigt. „Geht`s noch?“, frage ich mich. Wie lange soll Covid-19 noch unser einziges und größtes Problem sein? Was soll die Panikmache, was ist das Ziel der andauernden Impfpropaganda? Ich habe nichts gegen Impfungen; ich denke sogar, dass sich jeder impfen lassen sollte, der Angst vor einer durch das Corona-Virus ausgelösten Krankheit hat. Allerdings halte ich es für fragwürdig, die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben an diese Impfung zu koppeln. Der Druck in Richtung einer bestimmten Sicht- und Handlungsweise ist ungeheuer und wächst – aber natürlich dient alles zu meinem Besten.

Mich erinnert das ehrlich gesagt an Politik und Berichterstattung in der ehemaligen DDR. Auch dort kam man deutlich problemloser durchs Leben, wenn man dem staatlich vorgegebenen Kurs zustimmte und sich entsprechend verhielt. Alle anderen hatten`s schwerer. Ich weiß, dass dieser Vergleich hinkt (wie jeder andere auch) und ich so etwas kaum sagen kann, ohne mir Geschichtsverdrehung (oder Querdenkerei) vorwerfen lassen zu müssen. Aber ich habe kein Amt, stehe nicht auf einer Bühne und lebe in einer Demokratie. Die wenigen, die mich hören oder lesen, können sich gern und leicht von meiner Meinung distanzieren – sie hat kaum Gewicht.