Sport

Ich jogge mit Sohn und Nichte – und renne nur hinterher. Am Ende haben sie einen beträchtlichen Vorsprung und behaupten, auch k.o. zu sein – wer´s glaubt!

Aber: Zwei junge sportliche Menschen sind ein schöner Anblick. Auch von hinten.

Kein Netz

Ich bin wegen eines Schreibauftrags in der ländlichen Umgebung von Celle unterwegs. Als ich in einem Ort auf mein Handy schaue, steht da „Kein Netz“. Vielleicht sollten wir die nächsten Ferien dort verbringen? Die Voraussetzungen für Familienzeiten könnten besser nicht sein…

Aus heiter`m Himmel

Es sind Sommerferien, Grund zur Freude für die Schüler in der Familie – und auch für die Eltern. Die Stimmung könnte besser nicht sein? Naja. Den ganzen Vormittag schon flackern kleine Streit-Feuer auf: Die Mädchen streiten, ein Sohn schimpft lautstark über seine häuslichen Pflichten, eine Tochter schmollt, weil die Kaninchen nicht vorn im Garten fressen und ihr Köttel platzieren dürfen… Unterschwellig gärt etwas, es lässt sich nicht greifen.

Dann essen wir zusammen Mittag, und da passiert`s: Eine stichelnde Bemerkung bringt die jüngere Tochter zum Weinen, und schon sind alle Kinder in lautstarke Diskussionen verwickelt. „Ich hab` doch gar nichts Verletzendes gesagt.“ „Jetzt mach` mal nicht so ´ne Welle.“ „Hör doch einfach auf, du siehst doch, wie sie reagiert.“ „Du hältst dich auch für die große Schlichterin.“ Zwischendrin der Jüngste, der Partei ergreift – und sofort auch Druck vom anderen Lager bekommt.

Mich erwischen derartige Streits irgendwie eiskalt, aus heiter`m Himmel eben. Ich rechne nicht damit und empfinde sie in ihrer Stärke als unangemessen, aggressiv und nicht nachvollziehbar. Ein lautes Eingreifen vom Familienoberhaupt macht dem Spuk ein Ende; der Rest der Mahlzeit verläuft in Stille. Die Kinder gehen hoch, wir bleiben kopfschüttelnd zurück und fragen uns, was das war. Für einen Ferienkoller ist es noch zu früh.

Minuten später hören wir Kichern von oben. Es ist vorbei. Aus heiter`m Himmel angefangen hat es ebenso unverhofft wieder aufgehört – normales Familienmiteinander.

Abgeklärt

Ich habe einen Auswuchs am linken Schienbein. Dieser wurde vor langer Zeit als gutartiger Knochentumor diagnostiziert. Ich kann mit ihm leben; er schmerzt hin und wieder und nervt vor allem beim Rasieren. In den letzten Monaten spüre ich ihn verstärkt – beim Laufen. Grundsätzlich denke ich, mit gewissen Beeinträchtigungen muss man einfach leben. Mein gutartiger Knochentumor ist mir eher lästig, als dass er mich beunruhigt.

Eine meiner Töchter und mein Mann reden schon eine Weile auf mich ein, ich solle abklären lassen, ob sich dieses gutartige Gebilde verändert, und haben mich zu einem Arzttermin überredet. Während ihrer Überzeugungsarbeit ist es mir selbst immer dringlicher geworden, das Ganze abklären zu lassen. Der Orthopäde hat geröntgt und mich zum MRT überwiesen. Diese Untersuchung ist aufwendig, die dafür verwendeten Geräte sind teuer: In der Röhre schon fragte ich mich, ob das alles nötig ist. Danach die (beruhigende) kurze erste Aussage des Radiologen: „Treiben Sie Sport? Tut es vor allem unter Belastung weh?“ Mein gehauchtes „Ja!“ beantwortet er mit einem gemurmelten (oder genervten?): „Ich kann auf der Aufnahme nichts sehen, wahrscheinlich Tibia-Vorderkanten-Syndrom, Sie haben nichts.“

Ich fahre nach Hause. Beruhigt – und beschämt. Deswegen bin ich zum Arzt gegangen? Zu zwei Ärzten sogar! Röntgenaufnahme, MRT, Gespräche mit beiden Medizinern – und demnächst habe ich noch einen weiteren Termin beim Orthopäden, wenn dieser den Befund erhalten hat. Meine Oma wäre wegen solch einer Lappalie nicht zum Arzt gegangen, wahrscheinlich hätte sie die Schmerzen an sich überhaupt nicht erwähnt. Nächstes Mal behalte ich meine körperlichen Zipperlein für mich. Manches davon ist altersbedingt: Wenn es nicht von allein wieder weggeht, muss man damit leben. Ich bin hinterher so schlau wie vorher!

Herbert – noch immer derselbe

Ich behaupte: Für Deutsche meiner Generation wird der Name Herbert immer mit Herbert Grönemeyer verbunden sein – und dann mit Bochum, Männer, Alkohol oder Land unter. Manche lieben Herbert, manche nicht, aber wir alle kennen seine Lieder. Ich mag die meisten, sie sind fester Teil sehr schöner Erinnerungen an wunderbare Jahre und alte Freunde, mit denen ich noch immer verbunden bin.

Von einem dieser Freunde wurde ich vor ein paar Jahren eingeladen zu einem Konzert mit Herbert. Wie es manchmal so ist, hatte ich kurz vorher beim Zahnarzt in einem Magazin einen Artikel gelesen: Eine Frau berichtete von ihrer Begeisterung für Herbert als Jugendliche und einem von ihr herbeigesehnten Konzertbesuch mit Mitte 40. Leider hatte dieses Konzert ihre Erinnerungen nicht bestätigt, sondern sie vielleicht sogar zerstört. Und jetzt stand sie da mit ihren enttäuschten Erwartungen und ihrem „angeknacksten“ Herbert. Die Frau tat mir leid; und dieser Artikel trübte meine bis dahin zweifelsfreie Begeisterung und Vorfreude durch verhaltene Skepsis. Würde Herbert meinen Erinnerungen gerecht werden können? Würde er noch immer der sein, der er für mich damals war?

Unser Grönemeyer-Konzert fand im Juni in der Waldbühne in Berlin statt; das Wetter war hervorragend, die Stimmung entsprechend locker und entspannt: Picknick-Atmosphäre, familiär, friedlich. Herbert kam etwas verspätet, wie die meisten Künstler das heutzutage tun. Dann aber war er sehr präsent, sang neue Lieder und alte Klassiker. Natürlich konnten fast alle fast alles mitsingen; die Akustik war wunderbar, das Konzert auch.

Was bleibt: Herbert ist älter geworden, ich auch. Abgesehen davon hat sich in unserem Verhältnis nichts verändert – ich mag noch immer viele Lieder von ihm, der Name Herbert steht weiterhin für sehr positive Erinnerungen. Hinzu gekommen ist eine neue: Beim Verlassen der Waldbühne ging es außergewöhnlich ruhig und gelassen zu. Unhektisch zerstreuten sich die 20.000 Menschen in der lauen Sommernacht. Kein Terror, kein Streit, kein Gedränge, keine Eile – stattdessen ein wohliges Gefühl der freundlichen Verbundenheit mit lauter Unbekannten. Herbert kann nichts dafür; aber auch diese tiefe Gewissheit von und Dankbarkeit für Frieden in unserem Land werde ich in Zukunft mit seinem Namen verbinden…

Anstrengend oder nur unbequem?

„Solche anstrengenden Gedanken machst du dir?“, fragt mich eine Freundin, als ich etwas zu meiner Entscheidung sagte, kurze Wege grundsätzlich nicht mit dem Auto zurückzulegen. (Sehr seltene Ausnahmen setzen diesen Grundsatz nicht außer Kraft; ich versuche, nicht dogmatisch zu sein.) Anstrengend? Ich empfinde das nicht als anstrengend, sondern eher als geboten. Ich kann, darf und muss mir meiner Meinung nach Gedanken machen, wie ich mich verhalte. Nicht dogmatisch, nicht so, dass ich einmal getroffenen Entscheidungen alles unterordne (ohne Rücksicht auf Verluste), aber doch häufiger als „wenn´s gerade passt“. Wir können es uns nicht mehr leisten, vor allem bequem zu sein – wahrscheinlich konnten wir es nie. Und wir sollten das Bequeme unseres Lebensstils wahrnehmen.

Die Jugendlichen heutzutage mögen mit ihren „Fridays for Future“-Aktionen teilweise zu radikal oder zu inkonsequent sein; aber wir „Alten“ können nicht so tun, als ginge uns das vor lauter erprobter Lebenserfahrung gar nichts mehr an! Sicherlich hat jeder eine andere Einstellung zur Umwelt und zu dem, welches Verhalten mit dem eigenen Gewissen vereinbar ist und was nicht. Ignorant einfach so weiter zu machen wie „schon immer“, ist meiner Meinung nach keine Lösung. Es kostet, die Umwelt zu bewahren – oft Geld, manchmal auch Zeit, Kraft und Bequemlichkeit. Darüber nachzudenken, was es mich persönlich kosten darf, ist vielleicht anstrengend, mit Sicherheit aber notwendig.