Der Wert unserer Arbeit

Wir haben Ferien und mein ältester Sohn macht ein Praktikum – ohne Bezahlung. Die Arbeit ist anstrengend und nicht immer erfüllend; er geht dennoch meist klaglos hin. Ab und zu schimpft er: „Ich arbeite 38,5 Stunden in der Woche und verdiene keinen Cent. Das ist blöd.“

Ich kann ihn ein bisschen verstehen: Ich mache kein Praktikum, sondern arbeite zu Hause – ebenfalls ohne Bezahlung. Hausarbeit ist mehr oder weniger anstrengend und nicht immer erfüllend; ich erledige sie dennoch meist klaglos. Ab und zu denke ich: `Mit dem, was ich zu Hause tue, verdiene ich keinen Cent. Das ist einfach so.´

Was unsere Arbeit wert ist, misst sich nicht nur daran, wie viel Geld wir mit ihr verdienen.

Der Wert meiner Zeit

Gestern war ich effektiv, schwungvoll und habe viel geschafft. Ich konnte einige Dinge von der dauerhaften To-Do-Liste streichen. Was zurückblieb war ein angenehmes Gefühl von „erledigt“.

Der heutige Tag fordert vor allem meine Präsenz bei verschiedenen Terminen meiner Kinder und von Freunden, die Pausen dazwischen sind nur schwer nutzbar. Kaum etwas bekommt heute den Stempel „erledigt“. Was zurückbleibt ist eine Art innere Unruhe, weil ich „zu nichts gekommen bin“.

Beide Tage waren gleich lang, beide Tage haben mich erschöpft – welcher Tag ist mehr wert? Und aus wessen Perspektive?

Wertlos oder unbezahlbar?

Unser Fahrradanhänger ist 17 Jahre alt. 17 Jahre. Fast so alt wie unser ältester Sohn. Er sieht nicht mehr so gut aus – der Fahrradanhänger. Er ist in die Jahre gekommen. Bis auf platte Reifen hin und wieder und ein bereits mehrmals ausgetauschtes Regenverdeck haben wir nicht viel reparieren müssen in den 17 Jahren. Die zuletzt installierte Plane ist nicht mehr wirklich regensicher, aber das macht nichts: Ich muss keine Kinder mehr trocken von A nach B bringen, und für meine Einkäufe kann ich die regenfreien Stunden abpassen. Denn: In unserem Fahrradanhänger sitzt schon lange kein Kind mehr. Heutzutage dient er ausschließlich zur Beförderung von Sachgütern, aber das sehr häufig.

So sieht er auch aus. Alt, viel genutzt, oft gebraucht, ausgeblichen, teilweise zerlöchert. Wenn ich ihn mit einem Wort beschreiben sollte, würde ich „abgenutzt“ wählen. Nicht schön, wirklich nicht schön. Würden wir ihn loswerden wollen – nur noch auf den Schrott damit oder zum Restmüll. Das Ding kauft uns keiner mehr ab, das Ding nimmt auch niemand geschenkt. Geschäftlich gesprochen ist dieser Vermögensgegenstand längst abgeschrieben, im Grunde wertlos.

Für mich persönlich hat der Anhänger auch keinen emotionalen Wert. Obwohl ich dankbar bin, dass wir ihn all die Jahre hatten: Die Tatsache, dass alle unsere fünf Kinder irgendwann in dem Teil gesessen haben, ist mir keine Träne wert.

Dennoch hat der Anhänger einen Wert für mich: Aus meiner Sicht als praktisch denkende, einkaufende Frau ist er unbezahlbar.