Vom Schätzen zum Verstehen

Unsere erste (Ein)Schätzung von einem Menschen ist meist stark und eindeutig – das ist gut und nicht gut zugleich:

Gut ist es, weil wir bereits nach zwei Minuten ein Gespür dafür haben, wie unser Gegenüber „drauf ist“. Ob wir jemandem vertrauen oder ihm grundsätzlich wohl gesonnen sind, entscheiden wir auf einer Ebene, die sich dem Intellekt entzieht.

Nicht gut ist es, weil wir manchmal daneben liegen mit unserer ersten (Ein)Schätzung. Wir brauchen mehr als zwei Minuten, um zu verstehen, warum unser Gegenüber so „drauf ist“. Ein hilfreicher englischer Satz lautet: „Understand before you`re understood.“ Versuche zu verstehen, bevor du verstanden wirst. Schätzen geht schnell, Verstehen kostet Zeit (und einiges mehr). Der Gewinn für die Beziehung ist nicht zu unterschätzen.

Verstehen

Alles, was mit Internet und digitalen Informationen zu tun hat, ist für mich eine fremde Welt. Ich kann in digitalen Kategorien nicht denken, jegliche Erklärungsversuche sind vergebene Liebesmüh. Ich benutze nur und verstehe nichts davon.

Freunde von mir ticken anders: Sie benutzen das Internet und einige (oder alle) digitalen Medien und verstehen etwas davon. Ich begreife nicht, wie diese Menschen das machen, aber ich bewundere sie. Sie kennen sich in einer Welt gut aus, für die mir jegliches Verständnis fehlt.

Soweit so gut. Wenn ich im Bereiche „digital“ Hilfe brauche, suche ich mir einen von denen, die sich auskennen. Für denjenigen ist mein Problem kein Problem, das ist wunderbar – oder könnte wunderbar sein: Jemand konnte helfen, mir wurde geholfen und beide sind glücklich.

Problematisch wird es, wenn mein Helfer mir die Lösung erklären will, ich sie aber nicht verstehe. Mein Unvermögen wird leider leicht als vermeintliches Desinteresse oder sogar als Bequemlichkeit missverstanden.

Diejenigen, die sich auskennen, und ich – wir verstehen einander nicht.