Weihnachtsüberraschung

Es regnet seit Wochen, die Flüsse treten über die Ufer, Wiesen und Felder sind überschwemmt, Feldwege matschig. Es ist ein bisschen ungemütlich draußen, aber wir können immer zurückkehren in ein warmes trockenes Haus – bis heute Morgen. Das überschüssige Wasser der letzten Wochen ist schließlich (Überraschung!) in unserem Keller angekommen; wir schöpfen regelmäßig und wissen: Was wir jetzt dort unten finden, ist der Regen von vorvorvorgestern (oder so); die Spitze der `Flutwelle´ kommt immer mit etwas Verzögerung. Die nächsten Tage werden spannend – und das hat mit den Weihnachtsfeierlichkeiten rein gar nichts zu tun.

Überraschung!

Die meisten Kinder sind leicht zu überraschen: Sie haben noch nicht alles und mögen Vieles. Bei Erwachsenen ist das schwerer: Wir haben fast alles und noch dazu oft sehr klare Vorstellungen von dem, was uns gefällt. Ich liebe es, überrascht zu werden – selbst wenn die Gabe nicht immer meinen Geschmack trifft: Legendär ist ein Schmuckkästchen, das ich vor Jahren zum Geburtstag bekam. Der freundliche Geber war selbst unsicher und begleitete die Übergabe mit den Worten: „Du kannst es auch zurückgeben“ – ein wunderbarer Vorschlag.

Eine Überraschungsfeier zur eigenen Ehre dagegen lässt sich schlecht `zurückgeben´ oder absagen. Da muss man durch – ein Umstand, der meinen Mann vor Jahren zu der unmissverständlichen Äußerung brachte: „Lass es, mein Schatz; ich werde einfach nicht gern überrascht!“

Dieser Satz käme mir nicht über die Lippen: Nur noch konkrete Wünsche zu haben, kommt mir so `erwachsen´ vor – und eben wenig überraschend. Aber nicht jede lieb gemeinte Überraschung lässt sich zurückweisen, ohne den Verursacher zu verletzen. Dann ist es wichtiger, sich ehrlich über die Geste zu freuen, als – ganz ehrlich – die Gabe zu kritisieren. Für eine klärende Rückmeldung ist später noch Zeit. Ich selbst überrasche nur Menschen, die ich gut kenne – mit Ausnahme meines Mannes. In jedem Fall versuche ich, nicht enttäuscht zu sein, wenn ich danebenliege. Das klappt umso besser, je mehr man übt: Es lebe die Überraschung!