Per Anhalter unterwegs

In meiner Jugend war Trampen ein probates Mittel, um von A nach B zu reisen. Schon damals hatten unsere Mütter Angst um uns, schon damals haben es einige von uns trotzdem gemacht.

Heute denke ich differenzierter darüber nach: Noch immer finde ich, dass das spontane Unterwegssein mit völlig fremden Personen eine besondere Erfahrung ist. Nicht nur sind die Menschen interessant, die anhalten. Die zeitlich sehr begrenzten Gespräche haben eine ganz eigene Dynamik und oft überraschende Tiefe. Ich treffe Menschen außerhalb der eigenen Komfortzone und muss flexibel hinsichtlich des erreichbaren Reisezieles reagieren können. Vielleicht am wichtigsten: Trampen funktioniert nur mit Vertrauen, mit Misstrauen komme ich nicht weiter.

All das ist auf der Haben-Seite, all das trage ich als Schatz mit mir herum. Auf der anderen Seite ist da ein Risiko. Dieses Risiko ist solange kein Problem, wie alles gut läuft. Was aber, wenn meine Tochter beim Trampen doch an den Falschen gerät? Sofort macht der Preis, den sie womöglich bezahlen muss, die gesamte Haben-Seite zunichte. Ohne den Schatz guter Erfahrungen, belohnten Vertrauens und interessanter Begegnungen kann sie sicher auch sehr gut leben – und planbarer und organisierter von A nach B kommen.

Ich möchte meine Erfahrungen in dem Bereich nicht missen – ich war damals eher vertrauensvoll. Bezüglich meiner eigenen Kinder denke ich vorsichtiger. Die Entfernung zu „misstrauisch“ scheint klein zu sein und die sichere Alternative. Als grundsätzliche Haltung ist sie in meinen Augen jedoch absolut nicht erstrebenswert.