Künstlich oder echt?

Künstliche Intelligenz (KI) meint die Automatisierung intelligenten menschlichen Verhaltens: Das heißt, hochentwickelte Technik soll letztlich Entscheidungen treffen, die ein Mensch auch so treffen würde.

Ein Beispiel für KI ist ChatGPT: ein textbasiertes Dialogsystem. ChatGPT erzeugt intelligente Aussagen oder Dialoge, die auch von einem Menschen stammen könnten. Angewendet wird das (bisher vor allem) für Facharbeiten oder Vorträge zu bestimmten Themen. Natürlich recherchiert die KI dafür deutlich umfangreicher im Netz, als ein Mensch es täte. Formulierungen von ChatGPT sind geschmeidig und eloquent, wahrscheinlich frei von Rechtschreibfehlern. Vielleicht kann man vorher sogar einen bestimmten Stil festlegen. Und wahrscheinlich lässt sich dann nicht ohne weiteres feststellen, ob ein Text von einem Menschen geschrieben wurde oder nicht – ein nicht unerhebliches Problem für Hausarbeiten jeglicher Art.

Trotzdem frage ich mich, welcher Sinn dahinter steckt? Wieso sollte ich Vorträge oder Reden halten wollen, die letztlich von einer Maschine stammen? Was bringt mir oder meinen Lesern eine Facharbeit oder Ausarbeitung, die ein exzellent programmiertes Dialogsystem erstellt hat? Wieso ist es so toll, dass keine Person sich Gedanken und Mühe macht, ein Problem zu durchdringen und zu präsentieren? Wem nutzt es, wenn es immer weniger um den Menschen geht und immer mehr um Technik?

Ich verstehe als Autor einer wissenschaftlichen Arbeit mehr vom Thema, wenn ich mich selbst damit auseinandergesetzt habe.
Meinen Zuhörern oder Lesern gegenüber wäre es mir peinlich, ich würde nur so tun, als hätte ich mein Wissen selbst erarbeitet.
Und die Zuhörer (oder Leser) selbst könnten genauso gut ein Buch lesen, anstelle mir zuzuhören. Das lebendige Miteinander zwischen Redner und Zuhörern wird durch KI zu etwas Konstruiertem, etwas Künstlichem: nicht echt.

Anders wäre es, wenn eine Maschine sich selbst ein Thema suchen und seine Rede selbst halten könnte. Das wäre zwar auch künstlich, aber darin echt. Glücklicherweise sind wir noch nicht so weit: Noch ersetzt die künstliche Intelligenz den Menschen nicht vollständig – wie schön.