Von außen betrachtet

Während des Studiums hatte ich nebenbei einen Job im Garten- und Landschaftsbau, um finanziell ein bisschen flüssiger zu sein. Unter anderem brauchte ich eine wettertaugliche Jacke, weil ich ALLE Wege mit dem Rad zurücklegte, sechs Kilometer von der Uni entfernt auf dem Land lebte und es auch in den 90ern schon unvorhersehbar regnen (und in Bayern auch schneien) konnte.

Damals kamen gerade Doppeljacken in Mode: Außen Goretex, innen Fleece – zusammen oder einzeln tragbar, je nach Temperatur. Sehr praktisch. Die Teile waren unverschämt teuer, versprachen aber – von schlechter Witterung unbeeinträchtigt – gut durch die Lande zu kommen. Auch ich erwarb also vor 25 Jahren solch ein gutes Stück.

Mittlerweile lebt von der Jacke nur noch das Innenteil – Kategorie: „darf schmutzig werden“ – und hängt seit einigen Jahren auf Abruf im Keller. Heute hatte mein Ältester Bedarf – und passte ziemlich gut rein. Mein Sohn ist 20 Zentimeter größer als ich, erheblich breiter und hat entsprechend auch längere Arme. Das Herauskramen eines alten Fotos bestätigt: Die Jacke war schon immer zu groß; ich hab`s nur erst gemerkt, als ich sie von außen betrachtet habe.

Auch in anderen Fragen kann ein Perspektiv-Wechsel die Augen für sonst verborgene Tatsachen öffnen…