Omikron – eine Innenansicht

Seit zwei Jahren beobachten wir Covid-19. Wir `kennen´ das Virus und die Infektionswellen nur aus der Außenperspektive und fühlen uns wie der Blinde hinsichtlich der Farbe. Nun heißt es seit Wochen, dass wir uns alle mit Covid-19 infizieren werden und müssen – und dass Omikron eine gute Gelegenheit für einen milden Verlauf darstellt. Diese Virus-Variante unterscheidet nicht zwischen geimpft und nicht geimpft: Es erwischt jeden, früher oder später. Wir warten nicht wirklich auf eine Infektion – und hoffen doch auf `früher´.

Letzte Woche dann hat das erste Kind Symptome und einen positiven Schnelltest. Sofort wissen wir: Es gibt nur noch unser Immunsystem zwischen uns und dem Virus – sehr wahrscheinlich wird Covid-19 durch die ganze Familie rauschen. Diese Innenansicht der Welle löst glücklicherweise keine Angst aus, wirft aber Fragen auf wie: `Wann wird der nächste krank und wie schwer/mild? Trifft es uns alle? Wie lange dauert es mit Quarantäne etc.?´

Es ist schwierig, sich gedanklich noch um etwas anderes zu kümmern: Von jetzt auf gleich sind wir isoliert und warten. Die Waschmaschine fällt mir ein, die besonders lange schleudert, wenn man davor sitzt und das Ende herbeisehnt. Also beschäftigen wir uns: Haushalt, Schulaufgaben, Kniffle spielen, lesen, ein Filmabend, leckeres Essen kochen … Unterschwellig bleibe ich sensibilisiert dafür, wie es den Kindern geht und spüre in mich hinein: Kopf- und Gliederschmerzen, Halskratzen, Ermattung, Fieber? Es nutzt nichts – es dauert seine Zeit. Ich erinnere mich an die Windpocken. Die (damals noch vier) Kinder erkrankten nicht gleichzeitig, sondern `schön´ nacheinander.

Neun Tage später sind fünf von sechs leicht symptomatisch und `positiv´. Die erste Patientin darf schon fast wieder teilnehmen am normalen Leben, während ich noch symptomfrei bin und abwarte, was passiert. Ich weiß, es kommt, aber ich weiß nicht genau, was. Mit den üblichen Erkältungen kenne ich mich aus – sie laufen nach einem mir bekannten Muster. Omikron ist neu für mich und meinen Körper; ich will nicht zu wenig, aber auch nicht zu viel von meinen Abwehrkräften erwarten. Eine Sache aber läuft doch so wie immer; die Perspektive eines gesundheitlich bedingten Ausfalls löst eine mir sehr vertraute Geschäftigkeit aus: Ich wasche, bügele, putze, plane Mahlzeiten – und bereite alle und alles darauf vor, dass ich eventuell ein paar Tage nicht so einsatzfähig sein werde wie gewohnt. Während Omikron durch unsere Familie rauscht, versuche ich, die Auswirkungen nach meinen Kräften zu minimieren.