Im Garten

Für meine Freunde hier in Australien ist es wichtig, nachhaltig zu leben – auf 43 Hektar Land. 42 Hektar davon lassen sie überwiegend in Ruhe beziehungsweise greifen nur zurückhaltend ein. Viel Handarbeit fließt in das Gelände um Haus und Werkstatt herum, vor allem in den Gemüsegarten. In diesem hocke ich einige Nachmittage, jäte Unkraut, verteile Kompost und mulche anschließend mit Heu. Für zwei etwa zwanzig Meter lange Beete mit Knoblauch benötige ich insgesamt etwa sechs Stunden.

Sicherlich ist der Knoblauch anschließend besonders geschmackvoll und rein Bio sowieso. Der Aufwand ist dennoch immens. So retten wir die Welt wahrscheinlich nicht und bekommen außerdem nicht alle satt, denke ich. Aber meine Freunde (beide über 80) tun eben, wovon sie überzeugt sind und was sie können.

Ich helfe freiwillig und sehr gern: einfach, weil ich (wie vor 31 Jahren auch) hier sein darf. Um mich herum schwirren rot-blaue Sittiche (crimson rosellas), im Wald lachen Kookaburras; die Kängurus kommen erst in der Dämmerung. In Australien macht Gartenarbeit viel mehr Spaß als zu Hause.

Im Garten

Unter einigen Eiben (im Garten erwünscht) hat sich eine Brombeere (im Garten nicht erwünscht) breitgemacht oder irgendetwas ähnliches mit fiesen Dornen. Die Pflanze treibt jedes Jahr neu aus – zuverlässig und kräftig. Mein Mann sagt, sie ließe sich nicht ausbuddeln; die Stelle sei durch die Eiben zu verwurzelt. Um deren Wurzeln zu schonen, lassen wir die Wurzeln der Brombeere also, wo sie sind. Stattdessen schneide ich die Triebe immer wieder bis auf die Erde zurück. Meist warte ich damit zu lange: Dieses Jahr dauert das Kürzen fast eine Stunde – eine Arbeit, die ich mir auch nicht mit `Bewegung an der frischen Luft´ schönreden kann.

So kann es nicht weitergehen: Die Brombeere muss raus – Eibenwurzeln hin oder her. Ab sofort schonen wir mich!

Im Garten – geht doch

Mein Mann hat zwei Kletterhortensien gekauft, inklusive der zu ihnen passenden Blumenerde: „Wenn du magst, kannst du sie einpflanzen; das Wetter passt ja.“ Das klingt nach einem ersten Garteneinsatz im Frühling – eine Idee, die mich selten begeistert. Denn NACH dem Winter und direkt vor Ort ist viel zu tun, was IM Winter und aus sicherer Terrassenentfernung nicht zu sehen ist: Das Unkraut sprießt offenbar schon geraume Zeit; abgestorbene Pflanzenreste verschwinden doch nicht von allein (altes Laub auch nicht) und auch der Rasen befindet sich schon wieder in der Wachstumsphase. Buchstäblich überall sind potentielle Ecken, an denen ich mich stundenlang abarbeiten könnte, ohne dass hinterher viel zu sehen wäre.

Angesichts von Wind und Nieselregen hatte ich daher heute Morgen wenig Lust auf Garten, wusste aber, dass gerade feuchte Kälte genau richtig ist fürs Pflanzen. `In einer halben Stunde bist du fertig´, überredete ich mich selbst, `Hortensien einbuddeln und gut.´ Ich wechselte in mein Gartenoutfit und ging an die Arbeit. 20 Minuten später waren die Kletterhortensien versorgt. Danach verteilte ich die ausgegrabene Erde anderswo im Garten, versetzte ein paar Narzissen (damit sie besser zu sehen sind) und entfernte, was mir an Unkraut in den Blick kam. Anderthalb Stunden später hatte ich mehr erledigt als geplant (aber weniger als möglich) und ein super Gefühl im Bauch: Mein erster Garteneinsatz war überschaubar und vom Vorher-Nachher-Effekt her wahrscheinlich ein größerer Erfolg als jeder, der dieses Jahr noch folgen wird.

Geht so nicht

Wir mussten (notgedrungen) ein neues Beet anlegen, weil eine entwurzelte Tanne eine Freifläche hinterlassen hatte. Leider liebt jegliches Unkraut frisch angelegte Beete wie die Motte das Licht: Ich muss regelmäßig jäten. Heute kommt mir dabei ein (für mich) ketzerischer Gedanke: Ich mag unseren Garten, aber ich könnte auf das `Beackern´ desselben verzichten. Leider geht das so nicht – man kann nicht alles haben wollen und nichts dafür tun.

Es sei denn, wir gestalten das Beet um in eine Sitzfläche … 

Unser Garten

Am frühen Morgen wässere ich einige unserer Büsche und lasse meinen Blick durch den Garten schweifen. Mein Mann kommt vorbei und wirft etwas auf den Kompost. „Einen schönen Garten haben wir!“, rufe ich ihm zu. „Stimmt!“ Er grinst: „Hat ja nur … 23 Jahre gedauert.“ Damals stand auf dem Grundstück ein Haus, drumherum nur Rasen mit ein paar Apfelbäumen. Nach eigenem Gutdünken haben wir Beete angelegt; Pflanzen kamen – die meisten `geerbt´ – und gingen: Einige haben wir nach ein paar Jahren wieder rausgeschmissen. Erst mit der Zeit ist der Bewuchs entstanden, den wir heute haben: wenig Stauden, viele Büsche und Bodendecker, einiges wächst ineinander, keineswegs unkrautfrei. Der Garten passt zu uns, wir finden ihn schön. Es muss nicht das Schlechteste sein, wenn etwas lange dauert.

Ein Garten und seine Folgen

Unser Garten ist groß und pflegeleicht, aber ein bisschen Arbeit fällt doch an: Rasen mähen, ab und an wässern, in den Herbstferien schneiden wir Büsche und Sträucher zurück und häckseln das Grünzeug. Die Kinder machen mit – und diskutieren im Vorfeld länger über den Einsatz, als dieser dann dauert. Aber sie kommen doch mit und finden es letztlich „ganz in Ordnung“; vielleicht auch, weil wir solch eine Garten-Aktion häufig mit Würstchen über dem offenen Feuer beenden.

Im Garten zu sitzen und ihn zu genießen, entspannt die Seele und ist Erholung für den Geist; aber im Garten zu arbeiten und ihn zu erhalten, wirkt sich noch positiver aus auf die Persönlichkeit: Eine sinnvolle, gemeinnützige Tätigkeit, deren Resultate man direkt sieht, zusammen mit liebenswerten Gefährten – was kann einen besser auf das Leben in Gemeinschaft vorbereiten?

Was unser Garten und Aktien gemein haben

Durch Aktienkäufe lässt sich Geld anlegen. Es ist sogar eine recht attraktive Möglichkeit – allerdings nur, wenn man Geld übrig hat und es nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder braucht. Aktien müssen lange liegen und sich entwickeln können. Erst dann werfen sie einen Gewinn ab. Mehr weiß ich darüber nicht.

Wir haben einen großen Garten. Vor 20 Jahren bestand dieser aus einer lang gestreckten Rasenfläche mit ein paar Obstbäumen – einfallslos und ungepflegt. In den vergangenen beiden Jahrzehnten pflanzten wir viele Pflanzen, setzten andere um oder gruben sie wieder aus. Wir jäteten häufig Unkraut, beschnitten, wässerten und düngten nach Bedarf. Ansonsten ließen wir den Garten liegen und sich entwickeln. Manche Jahre sah er schöner aus, manche weniger. Heute ist er ein gemütlicher Ort zum Spielen und Entspannen – und für uns viel mehr wert als vor 20 Jahren.

Ein Garten ist kein Muss und kostet Geld, Zeit und Interesse – am Anfang viel, über die Jahre weniger. Erst nach einigen Jahren wirft er einen Gewinn ab: als Rückzugsort, optisch oder in Form von Früchten etc. Wenn ich es richtig verstehe, ist das mit Aktien genauso.