Herbert – noch immer derselbe

Ich behaupte: Für Deutsche meiner Generation wird der Name Herbert immer mit Herbert Grönemeyer verbunden sein – und dann mit Bochum, Männer, Alkohol oder Land unter. Manche lieben Herbert, manche nicht, aber wir alle kennen seine Lieder. Ich mag die meisten, sie sind fester Teil sehr schöner Erinnerungen an wunderbare Jahre und alte Freunde, mit denen ich noch immer verbunden bin.

Von einem dieser Freunde wurde ich vor ein paar Jahren eingeladen zu einem Konzert mit Herbert. Wie es manchmal so ist, hatte ich kurz vorher beim Zahnarzt in einem Magazin einen Artikel gelesen: Eine Frau berichtete von ihrer Begeisterung für Herbert als Jugendliche und einem von ihr herbeigesehnten Konzertbesuch mit Mitte 40. Leider hatte dieses Konzert ihre Erinnerungen nicht bestätigt, sondern sie vielleicht sogar zerstört. Und jetzt stand sie da mit ihren enttäuschten Erwartungen und ihrem „angeknacksten“ Herbert. Die Frau tat mir leid; und dieser Artikel trübte meine bis dahin zweifelsfreie Begeisterung und Vorfreude durch verhaltene Skepsis. Würde Herbert meinen Erinnerungen gerecht werden können? Würde er noch immer der sein, der er für mich damals war?

Unser Grönemeyer-Konzert fand im Juni in der Waldbühne in Berlin statt; das Wetter war hervorragend, die Stimmung entsprechend locker und entspannt: Picknick-Atmosphäre, familiär, friedlich. Herbert kam etwas verspätet, wie die meisten Künstler das heutzutage tun. Dann aber war er sehr präsent, sang neue Lieder und alte Klassiker. Natürlich konnten fast alle fast alles mitsingen; die Akustik war wunderbar, das Konzert auch.

Was bleibt: Herbert ist älter geworden, ich auch. Abgesehen davon hat sich in unserem Verhältnis nichts verändert – ich mag noch immer viele Lieder von ihm, der Name Herbert steht weiterhin für sehr positive Erinnerungen. Hinzu gekommen ist eine neue: Beim Verlassen der Waldbühne ging es außergewöhnlich ruhig und gelassen zu. Unhektisch zerstreuten sich die 20.000 Menschen in der lauen Sommernacht. Kein Terror, kein Streit, kein Gedränge, keine Eile – stattdessen ein wohliges Gefühl der freundlichen Verbundenheit mit lauter Unbekannten. Herbert kann nichts dafür; aber auch diese tiefe Gewissheit von und Dankbarkeit für Frieden in unserem Land werde ich in Zukunft mit seinem Namen verbinden…