Angst – ein sich wandelnder Begleiter

Mit acht Jahren hatte ich Angst im Dunkeln, war nicht gern allein. Meine Eltern haben alles dafür getan, mich nicht allein zu lassen und mir die kindliche Angst vor der Dunkelheit zu nehmen.

Mit 18 war von Angst im Dunkeln bei mir keine Spur mehr vorhanden. Dafür hatte meine Mutter Angst um mich – ganz erhebliche. Die einsamen Abkürzungen durch den Wald, die leeren Straßenzüge mitten in der Nacht habe ich dennoch angstfrei in Kauf genommen, um selbständig mit dem Rad von A nach B zu kommen.

Jung verheiratet mit 28 sorgte sich plötzlich mein Mann, wie und ob ich nachts sicher radelnd nach Hause komme – und in mir machte sich eine gewisse Unsicherheit breit. Lästig, aber durch das Vermeiden von Schleichwegen zu beherrschen.

Im nicht mehr ganz so zarten Alter von 38 Jahren und mit fast fünf Kindern im Schlepptau gab es wenig Zeit für nächtliche Eskapaden – und überhaupt wenig Gelegenheit, allein zu sein.

Heute, zehn weitere Jahre später, bin ich besorgt um meine halbwüchsigen Kinder, wenn diese allein des Nachts unterwegs sind. Geht es darum, ihnen mit dem Rad entgegenzufahren – kein Problem: Um mich mache ich mir keine Gedanken, um mich habe ich keine Angst.

Interessant. Tätern ist das Alter der Opfer doch wahrscheinlich egal. Außerdem sind nachts alle Katzen grau (= einheitsalt). Die Bedrohung ist dieselbe (mindestens), das Gefühl „Angst“ hat sich über die Jahre sehr gewandelt. Eine Liedzeile weht mir durch den Kopf: „In wieviel Not hat nicht der gnädige Gott über mir Flügel gebreitet!“ Und wieviel Gefahr hat Gott schon abgewendet, bevor ich sie registriert habe.