Drei Gründe

In einem Gespräch mit einer Freundin nennt diese mir drei Gründe, warum es ihrer Meinung nach so wichtig ist für Frauen, berufstätig zu sein: Ohne Job bleibt eine Frau abhängig (und unfrei), fehlt ihr zunehmend ein eigener Horizont und ist sie dadurch irgendwann kein Gegenüber mehr für ihren Mann.

Ihre Worte sind ehrlich – und brutal. Ich kann spontan nichts entgegnen, denn sie hat ja Recht (ein bisschen): Ich bin finanziell abhängig (wenn ich mich deswegen auch nicht automatisch unfrei fühle); mein Horizont erweitert sich nicht durch einen Beruf (sondern nur durch Menschen, Themen und Tätigkeiten, mit denen ich in meinem berufslosen Leben zu tun habe); mein Mann wirkt mit mir als Gegenüber keineswegs gelangweilt, sondern mehr als ausgelastet. Im Nachhinein frage ich mich, wie man derart unsensibel formulieren kann. Nie würde ich so abfällig das Lebenskonzept eines anderen bewerten. Dennoch ärgert mich ihre Bemerkung nur ein bisschen – und auch erst, als ich sie mir später noch einmal durch den Kopf gehen lasse. Das hat drei Gründe:

Weil ich die Argumente verstehen kann: Erfolg im Job gehört heutzutage für viele Frauen zur Identität – fehlt bei mir aber.
Weil ich außerdem weiß, dass kein Lebenskonzept das Nonplusultra ist, aber meines auch wichtig: Die Gesellschaft braucht Menschen wie mich, die nicht verplant sind, sondern Zeit haben und ein Ohr für Spontanes und scheinbar Unwichtiges.
Und wahrscheinlich am wichtigsten: Weil ich dankbar und meist sehr zufrieden bin damit, wie ich mein Leben füllen kann.

Ich weiß nicht, ob meine Freundin dasselbe von sich sagen könnte.

Beruf(ung)

Wenn mich jemand nach meiner beruflichen Entwicklung fragt, antworte ich normalerweise so: Ich habe ein abgeschlossenes Studium und eine Ausbildung; in beiden Berufen war ich nicht erwähnenswert tätig. Mit der Geburt des ersten Kindes wurde ich Hausfrau und Mutter, seit sieben Jahren arbeite ich – ein GANZ KLEINES BISSCHEN – nebenbei.

Ein Vortrag über eine Neu-Orientierung verändert meine Perspektive: erst ein Studium, dann eine Ausbildung und danach fünf Kinder. Anstatt Berufserfahrung zu sammeln, kümmerte ich mich freiwillig und sehr gern um unsere Kinder – eine wunderbare Lebensschule. Seit diese Berufung sukzessive das Haus verlässt, nutze ich Zeit, Kraft und meine Gaben für das, was mir noch so wichtig ist: ehrenamtlich oder professionell. So kann man das auch sehen!