Meine Wenigkeit

Die Formulierung `meine Wenigkeit´ ist selten wörtlich gemeint – unterstelle ich. Wer von seiner eigenen Wenigkeit spricht, geht davon aus, dass er anderen etwas mit Mehrwert zu sagen hat. Manchmal passt es aber doch: Kürzlich hörte ich einen Redner, der eher zu den unscheinbaren, stillen und zurückhaltenden Menschen gehört. Die Bitte, hier etwas zu sagen, sei auf zwei Widerstände gestoßen, sagte er gleich am Anfang: nämlich auf seine Selbstzweifel und den Wunsch, nicht im Mittelpunkt zu stehen. Andererseits habe er sich sehr geehrt gefühlt und deshalb wolle er dieser Bitte nachkommen. Sein `meine Wenigkeit´ war ernst gemeint und absolut authentisch; was er sagte, war persönlich und wertvoll. Dass die Zuhörer ihn um einen Beitrag gebeten hatten, freute mich. Dass sie ihm am Ende stehend applaudierten, noch mehr. Beides tat ihm sicher gut, wird ihn aber weder zu einem lauten noch zu einem selbstsicheren Menschen machen – und auch das ist gut!