Heiß Wasser

Eine Mitarbeiterin an der Wurst-Theke will abspülen und braucht heißes Wasser. Aus dem Hahn kommt offenbar nur kaltes; sie hat ihn ganz aufgedreht. „Der Boiler ist ganz leer“, sagt ein Kollege zu ihr, „bis der wieder voll ist, das dauert. Du musst warten.“ „Mach ich“, sagt sie, lässt das Wasser laufen und dreht sich zu mir – was ich gern hätte? Ich bin irritiert, nenne ihr aber meine Wünsche. Während sie Wurst für mich in Scheiben schneidet, bittet sie einen anderen Kollegen, die Wärme des Wassers zu testen. „Noch nicht warm“, ruft der – wie zu erwarten.

Das Geräusch des strömenden Wassers macht mich ganz kirre. „Denken Sie, es geht mit dem heißen Wasser schneller, wenn Sie das kalte laufen lassen?“, frage ich vorsichtig. Sie schaut mich verständnislos an und fragt, was ich noch wünsche. Ich bestelle meinen Lieblingskäse. „Wahrscheinlich macht es keinen Unterschied, ob Sie das Wasser laufen lassen oder nicht“, schiebe ich hinterher. Als sie mit dem Käse fertig ist, macht sie endlich den Hahn zu. Mindestens vier Minuten hat das ganze gedauert – ich bin gleichzeitig erleichtert und fassungslos.

Deutschland rettet die Welt, denke ich. Wir verpacken immer weniger in Plastik, statten alte Häuser mit Wärmepumpen aus, kaufen E-Bikes und noch mehr E-Autos, packen uns Solar aufs Dach, kaufen für sehr viel Geld Bio-Produkte aus Südamerika … Dass wir tonnenweise Lebensmittel wegwerfen, sobald sie ihr Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben, fällt dagegen fast nicht ins Gewicht. Und das bisschen Trinkwasser, was hier gerade einfach so in die Kanalisation gelaufen ist – geschenkt.