Vögel fliegen – ich staune!

„Herr, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weise geordnet, und die Erde ist voll deiner Güter.“
Psalm 104, 24

Der Sibirische Goldregenpfeier ist klein, er wiegt nur 200 Gramm. Er lebt in Alaska und fliegt zum Überwintern nach Hawaii: 4.500 Kilometer ohne Pause. Dafür braucht er drei Tage – aber nur, wenn er sich vorher exakt 70 Gramm Energiereserve in Form von Fett angefressen hat. Zusätzlich MUSS er in Keilformation mit vielen anderen fliegen (Windschatten) und genau wissen, wo Hawaii liegt. Sonst würde er irgendwo in den Pazifik stürzen: Dort gibt es nicht so viele alternative Landeplätze.

Heute stand in der Zeitung, dass eine Uferschnepfe in 55 Stunden von Niedersachsen aus nach Zentralafrika geflogen ist – mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 74 Stundenkilometer. Die Uferschnepfe ist kein besonders kleiner Vogel, aber sie ist auch kein Adler. Sie ist eher langbeinig und schmal: Man sieht ihr die Kraft nicht an, die sie braucht, um derart pfeilschnell durch die Luft zu jagen.

Über den Dächern von Heidelberg – zumindest über dem Dach meiner Freundin – gibt es jede Menge Mauersegler. Sie sind ständig unterwegs, umfliegen die Kirchtürme und Häuser, hin und her, hoch und runter. Es sieht spielerisch aus und zweckfrei. Natürlich müssen sie auch fressen und schlafen; aber das alles scheinen sie nebenbei zu tun: Ornithologen haben herausgefunden, dass Mauersegler zehn Monate am Stück fliegen können! Nur in der Brutzeit machen sie kurz Pause.

„Groß sind die Werke des Herrn; wer sie erforscht, der hat Freude daran.“
Psalm 111, 2

Allein gelassen

„Da verließen ihn alle und flohen.“
Markus 14, 50

Wenn ich ans Abendmahl denke, merke ich, dass ich das Sterben von Jesus nicht wirklich begriffen habe. Verstanden vielleicht, aber mit dem Herzen erfasst? Ich bezweifle es. Wir reden darüber, was es Jesus gekostet hat, ans Kreuz zu gehen. Aber diese Form der Versöhnung mit Gott an sich, das Konzept Sünde in seiner ganzen Fülle – bleibt mir fremd. Und so verweile ich während des Abendmahls nicht lange beim Tod Jesu, sondern bin schnell bei der Auferstehung. Es ist, als ließe ich Jesus in seinem Sterben allein – ebenso wie die Jünger damals.

Es ist, als würde ich sagen: „Wie kannst du nur so ein Opfer bringen müssen?“

Jesus ist bewusst ans Kreuz und in den Tod gegangen, obwohl er ahnte, dass viele Menschen sich schwertun würden mit seinem Sterben. Die Erfahrung hatte er zu Lebzeiten zur Genüge gemacht und 2.000 Jahre später ist es noch immer so: Es gibt viele Menschen, die mit Jesus und Glauben und einem Sündenbock für alle nichts anfangen können. Es gibt wahrscheinlich ebensoviele Menschen, die zwar irgendwie an Gott glauben, aber insgeheim das Opfer seines Sohnes ablehnen: „Für mich musst du nicht sterben. Ich komme auch so klar in diesem Leben und mit Gott. Ich nehme dieses gesamte Opfer-Paket einfach nicht in Anspruch.“ Und schließlich sind da diejenigen, die Jesus als Sohn Gottes anerkennen und sein Opfer ebenso, die aber trotzdem weiter versuchen, allein zurecht zu kommen. Sie versuchen insgeheim, allein und aus eigener Kraft gerecht und gut zu sein. Sie sehen mehr die Auferstehung und die Versöhnung mit dem Vater als dieses brutale Sterben. Sie halten diesen Tod nicht aus, jedenfalls nicht wirklich – in seiner ganzen Heftigkeit, in seiner Grausamkeit und in seiner Gottesferne.

Ich zähle mich dazu. Ich ertappe mich bei dem Gedanken, dass ich doch auch von mir aus ziemlich nett bin – barmherzig, freundlich gütig, geduldig… Ich ertrage dieses Sterben für mich nur schwer, ich gehe gern über zum positiven Ende der Auferstehung. Aber ebenso, wie wir als Menschen ganz körperlich durch den Tod noch immer hindurch müssen, durch das Sterben und alles, was damit verbunden ist – ebenso kommt vor der Auferstehung der Tod Jesu. Und vorher seine Einsamkeit, seine Zweifel, seine Angst und die Schmerzen. Dass Jesus das alles für mich erträgt, ist kein schöner Gedanke – und deshalb halte ich diesen nicht lange aus und lasse Jesus in seinem Sterben lieber allein. Ich fühle mich wohler, wenn ich an seine Auferstehung denke und daran glaube, dass sie auch für mich gilt.

Jesus dagegen lässt mich nicht allein, weder im Leben noch im Sterben. Jesus sagt nicht: „Wie kann sie nur?“ Jesus sagt: „Ich hab` dich lieb! Es geht nicht anders, vertraue mir.“

Schwungvoll

„Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft, vor wem sollte mir grauen?“
Psalm 27, 1

Auf meinem Lauf- und Spazierweg lag einige Wochen ein abgebrochener Ast beziehungsweise umgestürzter Baum mitten auf dem Weg – je nachdem, ob ich spazierend oder laufend unterwegs war. Laufend geht mein Blick immer schon ein Stückchen weiter und reichte in dem Fall über das Hindernis hinaus: Mit ein bisschen Geschlängel umlief ich den Ast ohne größere Anstrengung – inklusive einer leichten Beugung am Schluss, um wieder auf den Weg zu gelangen. Kein Problem. Anders beim Spazierengehen: Da blieb mein Blick eher an dem Hindernis hängen – und ich selbst dann auch fast. Etwas umständlich (und zögerlich) überstieg ich zuerst den Baum, machte einen Bogen und musste mich zum Abschluss tief unter einen nach oben ragenden Ast beugen. Wie gesagt: umständlich.

Mit mehr Tempo ging es spielerischer, leichter – obwohl joggen an sich anstrengender ist als gehen. Und ich dachte: Mit Schwung geht´s besser. Ich meine nicht, dass man alles im Laufschritt erledigen sollte; aber es hilft, mit Energie und einer weiten Perspektive an Herausforderungen heran zu gehen.

Im Körperlichen ist es nicht jedem gegeben, dauerhaft beweglich, agil und belastbar zu sein. Manch einem fällt das Gehen im Alter schwer, von Joggen ganz zu schweigen. Da werden kleine Hindernisse schnell zu Blockaden. Im Geistigen sind wir aber ebenso auf Schwung angewiesen oder sogar noch mehr: Die größten Widerstände sind in unserem Kopf – und haben nicht zwingend etwas mit dem Alter zu tun. Angst, ein geringes Selbstvertrauen und Minderwertigkeitsgefühle wirken wie Bremsen. Besser und freier kann ich leben mit einer gewissen Unabhängigkeit von der Meinung anderer, Mut zu unbekannten Wegen und der Erkenntnis, dass Fehler unvermeidbar sind und meinen Wert als Mensch nicht schmälern. Besser und freier kann ich leben, wenn ich weiß, dass der Schöpfer des Himmels und der Erde mich liebt und mir Schwung gibt!

„Du bist der Herr, der mein Haupt erhebt;
du bist die Kraft, die mein Herz bewegt.
Du bist die Stimme, die mich ruft,
du gibst mir Rückenwind.

Du flößt mir Vertrauen ein, treibst meine Ängste aus.
Du glaubst an mich, traust mir was zu und forderst mich heraus.
Deine Liebe ist ein Wasserfall auf meinem Wüstensand.
Und wenn ich mir nicht sicher bin, hält mich deine Hand.“
(Martin Pepper)

Worum ich mich kümmern will

„Eins aber ist not. Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden.“
Lukas 10, 40

Es gibt einen feinen Unterschied zwischen Gemeinschaft haben und gemeinsam etwas schaffen. Ich behaupte: Gott ist es wichtiger, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben, als dass wir gemeinsam etwas schaffen. Das eine ist die Voraussetzung für das andere, und deshalb ist das eine auch wichtiger als das andere.

Lange habe ich mich gerieben an diesem Text – nicht nur, weil ich vom Wesen her Marta ähnlicher bin als Maria. Es hat mich auch gestört, dass Martas gastfreundliches Handeln so negativ abgetan wird. Zumal die Geschichte in einem Kulturkreis angesiedelt ist, in dem es total wichtig ist, Menschen herzlich willkommen zu heißen und sie zu bewirten. (Und zu einer Zeit, in der es unüblicher war als heute, den Gastgeber mit Mitgebrachtem zu überhäufen.)

Ich glaube mittlerweile, dass das eine das andere nicht ausschließt: Ich darf fleißig und gastfreundlich und umtriebig sein – keine Frage. Die Frage ist eher, ob es noch etwas anderes in meinem Leben gibt, um das ich mich ebenso hingegeben kümmere wie um meine Aufgaben und damit den Eindruck, den ich bei anderen hinterlasse.

Vielleicht liegt es am Alter, aber heutzutage fällt es mir leichter, mich – ähnlich wie Maria – nicht hingebungsvoll um die Küchenarbeiten zu kümmern. Ich kann sehr gut auf meinem eigenen Fest sitzen und interessanten Gästen Gesellschaft leisten. Allerdings glaube ich, dass vor allem die geistliche Ebene gemeint ist in dieser Geschichte: Was ist uns wichtig? Dass wir uns Anerkennung erarbeiten, unserer Pflicht Genüge tun, unsere Aufgaben vorbildlich erledigen? Müssten wir uns nicht ebenso inbrünstig kümmern um unsere Seele und die geistliche Nahrung, die wir brauchen? Das würde bedeuten, die eigenen Hände ruhen und Jesus in uns tun zu lassen – wie Maria. Ich möchte ihr nicht nur ähnlicher werden, weil das Alter mich gelassener (und abgeschlaffter) macht. Ich möchte wie Maria aktiv und entgegen der Geschäftigkeit unserer Gesellschaft Jesus Zeit und Raum geben, zu meinem Innersten zu sprechen – und mich dann fleißig und hingegeben um das kümmern, wozu Gott mich in diesem Leben berufen hat.

Mit Gott über Mauern springen

„Denn mit dir kann ich Wälle erstürmen und mit meinem Gott über Mauern springen.“
2. Samuel 22, 30

Kann ich das wirklich? Und: Welche Mauern sind das? Die größten Mauern in meinem Leben sind die eingeschliffenen Macken in meiner eigenen Persönlichkeit und lästige Gewohnheiten, die ich nicht einfach und freiwillig ablege wie ein Kind seine zu klein geratenen Klamotten. Mich selbst zu verändern, das ist schwer. Nachgiebig zu werden, barmherzig, vergebend – all das fällt mir nicht zu. Leichter ist es für mich zu richten, mich über andere zu ärgern und zu erheben. Viel leichter. Das ist ein Armutszeugnis, aber es ist die Wahrheit.

Heute Morgen beim Beten kam mir der ehrliche Satz über die Lippen: „Vater, mache mich zu einer barmherzigen Frau – egal, was sich dafür ändern muss in mir.“ Geht`s noch? Habe ich mir das gut überlegt? Das kostet etwas, das weiß ich vorher. Will ich das zu dem Preis dann immer noch? Ich zögere, aber ich weiß: „Denn Gott ist`s, der in euch beides wirkt, das Wollen und das Vollbringen.“ (Philipper 2, 13) Also bete ich weiter und glaube, dass ich mit Gott über Mauern springen kann.

Gott, der Vater

„Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte. … Er handelt nicht mit uns nach unseren Sünden und vergilt uns nicht nach unserer Missetat. … Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich der Herr über die, die ihn fürchten.“
Psalm 103, 8+10+13

Ich habe ein Video gesehen. Es zeigt ein knapp dreijähriges Kind, das seinem Vater stolz den selbstgebackenen Erdbeerkuchen für Oma präsentiert: Er besteht aus gleichmäßig auf dem Küchenboden verteiltem Mehl, diversen Back-Utensilien und einem trockenen (!!!) Tuch, mit dem der kleine Kerl schon versucht hat, die Spuren wieder aufzuwischen… Der Vater hinter der Kamera bleibt ruhig und ermutigend: „Ach, da wird Oma sich aber freuen! Und wer räumt später wieder auf?“ Antwort: „Das mach ich selbst.“

Herrlich. Natürlich wird das Kind nicht selbst aufräumen, natürlich wird das Chaos vollständig von den Eltern beseitigt werden müssen. Natürlich hat der Junge einfach gemacht, ohne zu fragen, ist das Ergebnis auch nicht annähernd einem Kuchen ähnlich – und zieht sich eine schöne Mehlspur durch das halbe Haus. Und natürlich könnten sich die Eltern über all das ärgern.

Wenn man von außen drauf schaut, ist das kurze Video vor allem eins: ein wunderbares Beispiel von gutem Willen beim Kind und Engelsgeduld beim Vater. Wenn wir in bester Absicht und voll Vertrauen zu Gott kommen wie ein Kind zu seinem Vater, dann ist Gott so: Geduldig und liebevoll, den guten Willen und die Motivation sehend, nicht das Unvermögen und vor allem nicht das unschöne Endergebnis. Darum kümmert sich der Vater später – beziehungsweise hat es durch Jesus schon getan.

Das Leben ist kurz

„Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn´s hoch kommt, so sind´s achtzig Jahre, und was daran köstlich scheint, ist doch nur vergebliche Mühe; denn es fähret schnell dahin, als flögen wir davon.“
Psalm 90, 10

Je länger ich lebe, umso öfter denke ich, wie kurz das Leben ist und wie schnell die Zeit vergeht. Sie vergeht natürlich nicht schneller als früher, es kommt mir nur so vor – das ist mir schon klar. Ich nehme den Zeitverlauf bewusster wahr, weil ich anders beobachte als früher.

Kleine Kinder lernen andauernd etwas: Sie lernen sprechen und laufen, werden trocken, lernen Fahrrad fahren und schwimmen, kommen in den Kindergarten und später in die Schule. Der Alltag mit ihnen ist bestimmt von immer wiederkehrenden Aufgaben – tage-, wochen-, monatelang. Jeder Entwicklungsschritt ist ein willkommener Erfolg: Keine Windeln mehr, keine Brote mehr schmieren usw. Und natürlich verändern kleine Kinder sich optisch und wachsen schnell. Weil ich aber als Mutter kleiner Kinder so eingespannt war, nahm ich diese Veränderungen oft vor allem im Nachhinein wahr – beispielsweise durch das seltene Anschauen von Fotos.

Seit einigen Jahren schon beherrschen alle unsere Kinder weniger meinen gesamten Alltag als vielmehr grundsätzliche Lebensfertigkeiten. Bald werden alle auf dieselbe Schule gehen. Mein Leben ist weniger voll, ich habe mehr Gelegenheit zum Innehalten. Und so registriere ich bewusst, wie meine Kinder älter, größer und reflektierter werden und immer mehr auf meine Augenhöhe kommen.

Ich sehe, wo die vergangenen 15 Jahre geblieben sind – aber nicht nur in den Kindern: Auch meine eigene Belastbarkeit empfand ich früher als gleichförmig stabil und stark. Dem ist seit einigen Jahren nicht mehr so, heute spüre ich eher meinen eigenen körperlichen Verfall. Es stimmt, wenn der Prediger über das Leben sagt „… es fähret schnell dahin, als flögen wir davon.“ Also will ich im Verfliegen der Zeit die Ruhe bewahren und einzelne Momente, Stunden, Tage und Lebensphasen bewusst erleben, genießen und gestalten. Ich fliege nicht mit, ich halte inne im Jetzt.

Ostern

Pünktlich zu Ostern las ich einen Artikel in der Zeitung, in dem es um zwei Wissenschaftler ging und ihre These, dass Jesus wahrscheinlich gar nicht tot war nach der Kreuzigung. Laut dieser These war er wahrscheinlich „nur“ in ein Kohlendioxid-Koma gefallen, die Aufbewahrung in der kühlen Gruft tat ihm dann gut. Daraufhin versteckte er sich ein paar Wochen, um nicht noch nachträglich gefangengenommen und hingerichtet zu werden. Und seine Himmelfahrt machte dann möglich, dass er unter neuer Identität den Rest seines Lebens irgendwo ganz nicht-öffentlich verbringen konnte.

Natürlich ist die These schöner formuliert und begründeter ausgeführt; aber darum geht es jetzt nicht. Ich war erstaunt, was dieser Artikel alles in mir ausgelöst hat:

Anfangs ärgerte ich mich, dass jemand sich auf die Fahnen schreibt, DIE zentrale Wahrheit und Botschaft des Christentums anzuzweifeln und dann auch noch – 2.000 Jahre später – wissenschaftlich zu begründen. Der Autor des daraus hervorgegangenen Buches bezeichnete dieses angeblich selbst als „Schriftchen“ – auch das hat mich geärgert. Schriftchen. Das klingt so harmlos. Dabei sind die Zweifel, die er sät, keineswegs harmlos. Die Verunsicherung, die er stiftet, ist nicht harmlos: Sie kann für Menschen folgenschwer sein, Menschen in eine Krise führen. Solange das Schriftchen behauptet, die Wahrheit zu kennen, und nicht gleichermaßen Offenheit für eigenen Irrtum demonstriert, sind die geäußerten (wissenschaftlich begründeten) Vermutungen eine Herausforderung für jeden ernsthaft an Jesus glaubenden Menschen auf dieser Welt.

Weiter habe ich mich gefragt, ob ich nicht froh sein müsste über derartige Thesen. Ich bin doch auch an Wahrheit interessiert, ich möchte mich dem nicht sperren: Zweifel an etwas zu haben, ist nicht per se schlecht. Meine Wahrheitssuche geht jedoch nicht soweit, dass ich Lust hätte, das Buch zu lesen. Mit dieser Art Zweifeln möchte ich mich nicht auseinandersetzen, da hinein möchte ich meine Energie nicht investieren. Ehrlich gesagt? Interessiert mich nicht. Die historische Glaubwürdigkeit Jesu stellt heutzutage kaum jemand in Frage; ich habe in diesen Fragen nicht den Anspruch, auf dem neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu sein. Ich bin ein Schaf in der Masse der Gläubigen und überlasse derartige Untersuchungen und ihre Auswertung, Bestätigung oder Widerlegung gern anderen.

Meine abschließenden Gedanken gingen zu Gott selbst. Ich kenne ihn als einen liebenden Vater und einen eifernden Gott, der auch zornig sein kann. Um Menschen, die seinen Namen in den Schmutz ziehen, kümmert er sich selbst. Er will nicht, dass wir verurteilen und richten. Jesus selbst hat uns das vorgelebt. Als Petrus dem Soldaten des Hohepriesters ein Ohr abschlug, weil dieser Jesus verhaften wollte, da heilte Jesus dieses Ohr: „Lasst ab! Nicht weiter!“ (Lukas 22, 51) Oder: „Steck dein Schwert in die Scheide! Soll ich den Kelch nicht trinken, den mir mein Vater gegeben hat?“ (Johannes 18, 11)

Gott hatte schon immer Widersacher. Gott hat seine eigene Art, mit ihnen umzugehen: Für sie – wie auch für mich – hat er seinen Sohn auf diese Welt geschickt, durch die Kreuzigung sterben und nach drei Tagen auferstehen lassen. Das ist Ostern – auch wenn viele Menschen es feiern, ohne die Wahrheit dahinter zu verstehen oder zu glauben.

Fixiert und trotzdem frei

„Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr wirklich frei.“
Johannes 8, 36

Jesus ist mein Fundament und derjenige, der meinen Wert bestimmt. Jesus sagt: „Ich liebe dich, ich nehme dich an, ich vergebe dir.“ Darauf stehe ich – aber manchmal nur wackelig. Dann baue ich mir Krücken und suche Bestätigung bei Menschen. Ist ja auch logisch: Wir sind soziale Wesen, die in Gemeinschaften leben und davon, wie wertgeschätzt wir uns in diesen Gemeinschaften fühlen. Wertschätzung ist sehr wichtig für uns – und genau das kann problematisch werden. Es geht nämlich ganz schnell, dass wir der Anerkennung von Menschen mehr Wert zumessen, als ihr tatsächlich zusteht: Wir machen uns abhängig vom Lob anderer, und damit machen wir uns abhängig von ihnen selbst. Von ihren Überzeugungen und ihren Erwartungen an uns. Davon, wie sie ihr Leben gestalten, was sie für richtig oder für ein No-Go halten. Und letztlich auch davon, wie sie in der Lage sind, uns zu lieben, anzunehmen und uns zu vergeben. Kein Mensch kann das so wie Jesus, und so werden wir Menschen enttäuschen, und sie werden uns enttäuschen – und dann kann es eben leicht passieren, dass wir uns verändern wollen, um doch zu gefallen.

Das aber ist eine ganz blöde Idee, denn dabei begeben wir uns in Zwänge und werden unfrei. Wir verbiegen uns, setzen Masken auf, werden unehrlich – und irgendwann mit Sicherheit sehr unglücklich. Es kann einfach nicht funktionieren. Ich habe es selbst versucht und bin krachend gescheitert.

Natürlich können wir nicht völlig unabhängig von unserem Umfeld leben. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass der Kern unserer Persönlichkeit frei sein muss von menschlichen Zwängen. Dennoch geht „frei sein“ nur mit einem Fixpunkt. Ohne diesen sind wir haltlos, orientierungslos und paradoxerweise total unfrei: Wir können uns nicht nach allem, jedem oder gar nichts richten; aber mit großer Sicherheit können wir auch nicht unser eigener Fixpunkt sein. (Das gilt meiner Meinung nach auch für Menschen, die meinen, an nichts und niemanden zu glauben.)

Gut dass Jesus für mich dieser Anker ist: Seine Maßstäbe sind klar, seine Liebe zu mir bedingungslos. An ihm kann ich mich orientieren; seine Vergebung setzt mich frei für ein Leben in dieser Welt und in einem sehr menschlichen Umfeld.

Glückspfennig

Ich bin beim Bauern und kaufe Eier. Mit den Worten „Hier ist Ihr Cent, der bringt Ihnen Glück“, legt die Bäuerin mir das Restgeld vor die Nase. Spontan antworte ich: „Der bringt mir kein Glück“, und schiebe den Cent zurück, „behalten Sie ihn.“ „Na, mit der Einstellung klappt das sicher nicht mit dem Glück“, mischt sich ein anderer Kunde ein. Ich fühle mich ein wenig in Erklärungsnot, meine Reaktion war nicht negativ oder gar böse gemeint. „Ich glaube, dass nur Jesus mir Glück bringt“, antworte ich deshalb – und löse ein leicht betretenes Schweigen aus.

Sollte ich lieber nichts sagen? Ist das nur so ein Spruch mit dem Glückspfennig? Für mich ist es Aberglaube; ich klopfe auch nicht auf Holz und schraube mir kein Hufeisen hinten aufs Auto. Ich könnte einfach mein Wechselgeld nehmen und schweigen, meine Bemerkung sollte nicht verletzen. Aber mein Glück, das kommt nun mal nur von Jesus!