Anders als erwartet: besser

Beim Spazierengehen gelingt es mir leichter, in Ruhe zu beten. Draußen klingelt kein Telefon, ist kein Einkaufszettel zu schreiben, streift mein Blick nicht über den verstaubten Fußboden. Aber auch im Wald `stören´ Dinge meinen Fokus: andere Spaziergänger, der Klang des Kuckucks, ein Reiher am Teich oder ein Reh … Manchmal läuft es anders:

Ich gehe spazieren und laufe direkt hinein in einen ausgiebigen Regenschauer. Zwar habe ich eine Regenjacke an, merke aber, dass diese der niederprasselnden Wassersäule nicht standhalten wird. Umkehren mag ich dennoch nicht – und innerhalb der nächsten 45 Minuten arbeitet sich die Nässe durch alles hindurch, was ich auf dem Leibe trage. Ich könnte so schnell wie möglich wieder nach Hause gehen – und habe das sicherlich auch schon getan. Nicht so diesmal; ich arrangiere mich mit dem Regen und erwarte, dass Gott mit mir unterwegs ist. Es ist keine bewusste Entscheidung, eher ein trotziges: Jetzt erst recht!

Ohne Regen wäre es gemütlicher, klar. Aber nicht immer ist es das Beste, wenn eintritt, was wir uns erhoffen: Wenn es `junge Hunde´ regnet, ist sonst kaum jemand unterwegs, kein Tier zu hören oder zu sehen. Und Gott überrascht mich – ich bete gänzlich un-abgelenkt und spüre große Freude und tiefen Frieden. Als ich wieder zu Hause ankomme, sind nur meine Haare noch trocken und mein Gesicht; ich habe mich lange nicht so lebendig und zufrieden gefühlt.

Manches, was Gott uns gibt, ist nicht in unserem Sinne; wir wünschen es uns anders – und haben eine konkrete Vorstellung davon, wie. Vielleicht wäre es klug, uns stattdessen mit Gegebenheiten zu arrangieren. Denn nur, wenn wir loslassen, was wir haben wollen, bekommen wir den Blick frei für das, was Gott uns geben möchte. Oft ist das anders als erwartet: besser.

Wohlstand

Wir werden unseren Wohlstand einbüßen, warnen uns Politiker und andere Experten – und beziehen das hauptsächlich auf materielle Dinge. Aber Wohlstand ist laut Wikipedia ein `positiver Zustand, der individuell unterschiedlich wahrgenommen wird´. Dieser setzt sich zusammen aus materiellem, geistigem und emotionalem Wohlergehen.

Es klingt nach einem schweren Verlust, wenn wir etwas einbüßen – als wären wir danach automatisch arm. Dabei bleibt unserer Wohlstand erhalten, wenn wir `positiver Zustand´ anders definieren als bisher. Denn zumindest in Deutschland existiert etwas zwischen Wohlstand und Armut: ein breites Feld von `genug´, das (zugegeben) jeder anders wahrnimmt. Ich darf für mich selbst überlegen, in welchem Spielraum ich mir genügen lassen möchte – materiell, geistig und emotional. Viele von uns wären wahrscheinlich nicht automatisch arm, selbst wenn sie mit weniger Besitz auskommen müssten als bisher.

Seltsam

In der Mittagshitze wässert jemand den Rasen und reinigt seine schmutzigen Garagenwände mit dem Hochdruckreiniger. Ich wundere mich: Ob er von der Trockenheit und den Folgen für die Bauern – und UNS ALLE – nichts mitbekommt? Oder finde nur ich ein derartiges Verhalten seltsam beziehungsweise ziemlich ignorant? 

Teuer?

Ich kaufe ein Glas Honig und ein paar Haribo-Tüten, um beides ins Vereinte Königreich zu schicken. Als ich bei der Post den Preis für den Versand höre, stockt mir fast der Atem – und ich versende das Paket trotzdem. Auf dem Weg nach Hause beruhige ich mich mit dem Gedanken, wofür ich alles kein Geld ausgebe: teures Make Up, Schmuck, häufiges Essengehen, Flugreisen, ein zweites Auto, neueste Technik … Ich hatte das Geld übrig, dieses Päckchen zu verschicken, der Adressat ist es mir wert. Dennoch: In mir drin meldet sich ein unüberhörbares Stimmchen, das `zu teuer´ flüstert.

Dabei sind Dinge nicht nur objektiv teuer, sondern auch relativ. Verglichen damit, dass eine Schachtel Zigaretten mittlerweile 7€ kostet, ist ein Brot vom Bäcker seine vier, fünf Euro wert: Zigaretten kann ich rauchen, Brot muss ich essen. Wenn ich ein schickes Auto der neuesten Generation lease, nur um `mithalten zu können´, wäre der Griff zu einem gebrauchten Wagen deutlich günstiger – und außerdem noch gut fürs Selbstbewusstsein.

Und: In Relation zu den 50€, die meine Nachbarin kürzlich für überhöhte Geschwindigkeit zahlen musste, war mein Paket nicht teuer – und macht niemanden ärgerlich, aber jemanden glücklich.

Unsportlich

Englands Fußballerinnen sind Europameister. Sie haben sicherlich gut gespielt, vielleicht sogar besser als die Deutschen – sonst hätten sie nicht gewonnen. Aber in den letzten Minuten der Verlängerung, beim Stand von 2:1, spielten sie derart auf Zeit, dass es mir beim Zuschauen peinlich war. Die letzten Aktionen nach dem 2:1 schmälern meiner Meinung nach den sicherlich verdienten Sieg. Ein derartiges Verhalten in einer solchen Situation mag Usus sein – das macht es allerdings überhaupt nicht besser. Zeitspiel ist meines Erachtens unsportlich, einfach unsportlich. Den Pokal für den Sieg können sich die Spielerinnen ins Regal stellen; einen für Fairness bis zum Schluss bekämen sie von mir nicht.